Mit „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“ produzierte Regisseur und Drehbuchautor John Michael McDonagh 2008 eine hoch amüsante, cineastische Verblüffung und fügt sich damit nahtlos ein in die Reihe großartiger irischer Filme. „Überraschung“ wäre zu wenig gesagt. Was als Krimi daherkam, war und ist eine brillante Komödie, ja eine großartige Groteske: eine kongeniale Parodie auf das Genre des Kriminalfilms, eine Sozialstudie und beste Unterhaltung zugleich, trotz Mord und Tod und Drogenschmuggels. Oder wahrscheinlich sogar deswegen.
Von der ersten Szene an ist diesem Film, der in der westirischen Region Connemara spielt, nicht zu trauen. Ihn einen originellen Irland-Krimi zu nennen, würde viel zu kurz greifen. Zum einen weil er alle hergebrachten Klischees des amerikanischen Action-Thrillers bedient, um sie sogleich auf groteske Weise zu parodieren. Zum anderen, weil er eine schrille Milieustudie ist, die weit über die rein irischen Verhältnisse hinausgeht, in denen er böswillig angesiedelt wurde. Einzig und allein, um den Hedonismus einer gelangweilten Moderne unterhaltsam auf die Schippe zu nehmen, an völlig lächerlichen Orten. McDonagh ist an der Westküste aufgewachsen und hat die Schauplätze und Drehorte so bewusst unspektakulär ausgewählt, dass wohl keiner der Fans, jemals den Wunsch äußern dürfte, auch nur einen von ihnen besuchen zu wollen. Wer Irlands Schönheit kennt, wird die Kulissen sofort als weitere groteske Parodie dieses skurrilen Meistermachwerks empfinden.
Keine Szene, keine Charaktere, keine Unterhaltung, die man wirklich ernst nehmen dürfte. Schier alle filmischen und dramaturgischen Elemente sind von einem himmelschreienden, zuweilen bitterbösen surrealen Witz. Angefangen beim Protagonisten, dem irischen Landpolizisten Sergeant Gerry Boyle, als der schrägen Karikatur eines Guards im County Galway. Selber oft genug am Rande des Gesetzes, selber offen für Alkohol, Ecstasy und Prostitution, ist er nicht darum verlegen, sich als Drogendieb zu bedienen oder als Waffenschieber für die IRA zu agieren. Kein absurdes Hirngespinst, das der Drehbuchautor nicht bemüht und an ihm ausprobiert.
Ausgerechnet diesen Antiheld lässt er im Namen des Gesetzes antreten, zum Kampf gegen ein aberwitziges mafiöses Komplott aus organisiertem Verbrechen und Korruption der eigenen Behörde und des FBI: The Guard. Nach einhelliger Meinung der Kritik grandios gespielt von Brendan Gleeson. Fortgesetzt wird die skurrile Personage dieses augenzwinkernden Schelmenstücks von dessen alter Ego, seinem unfreiwilligen Mitstreiter und seinem intellektuellen Gegenpart, dem schwarzen FBI-Drogen-Spezialisten Wendell Everett. Eigens aus den Staaten eingeflogen, scheitert dieser allein schon an der Verweigerung der Gälisch sprechenden Zeugen. So wie auch Don Cheadle selbst – in der Rolle des studierten amerikanischen Kriminalisten – etwas hilflos neben dem fetten Ego des Guard und dessen unverblümt rassistischen und antiamerikanischen Provokationen verblasst.
Auf die Spitze getrieben werden die schrägen Charakterisierungen und unmöglichen Dialoge dieses Films von den Gegenspielern der ungleichen Polizisten, einem durchtriebenen Gangster-Trio der Drogendealerszene, das nach dem kriminellen Arbeitsalltag über die Philosophie Friedrich Nietzsches räsoniert. Der Film strebt in schwärzestem Humor genüsslich seinem feuerspeienden Fiasko entgegen. Musikalisch untermalt vom Sound der klassischen Italowestern, mündet er im absurden finalen Duell von Gut und Böse. Um ultimativ keinen Zweifel daran zu lassen, dass tolles Kino keiner Realitäten bedarf. Und dass es keinerlei Parallelen zu lebenden oder verstorbenen Personen gibt – und in Irland schon mal gar keine zu solch unmöglichen Typen. Herrlich! Witzig! Verblüffend!
Trailer: http://www.moviepilot.de/movies/the-guard/trailer
Film auf Amazon Prime oder SkyTicket verfügbar