Frankfurt am Main, 23.04.2024. „Kein größeres Volk hat der Welt jemals mehr literarisches und künstlerisches Genie gegeben“, befand einst US-Präsident John F. Kennedy über die Iren. Wer würde ihm da widersprechen? Die grüne Insel ist eine Ansammlung von Meisterwerken. Allein die Musik! Überall auf der Insel ertönen Gesang und Irish Folk mit seinen Hauptprotagonisten Fiddle, Tin Whistle und Harp, sei es aus der Box oder live. Dass Irland auch ganz andere, rockigere wie punkigere Saiten aufziehen kann, beweisen neben U2 und The Cranberries zahlreiche Künstler, die, siehe Van Morrison und Snow Patrol, insbesondere in Belfast Musikgeschichte geschrieben haben. Sicher mit ein Grund, warum die Hauptstadt Nordirlands nicht nur als City of Titanic gilt (was das ebenso moderne wie beliebte Museum Titanic Belfast unterstreicht), sondern seit 2021 auch als City of Music. Und das ganz offiziell im Namen der UNESCO.
Inhaltlichen Stoff für die Musik liefern indessen nicht zuletzt unzählige Sagen, Fabeln, Limericks. Überhaupt die Dichtung! Die frühe irische Literatur gilt als älteste in Westeuropa, und Dublin schaffte es auch nicht grundlos zur UNESCO-Literaturstadt. Da wandeln Bibliophile in erlesene Museen wie das Dublin Writers Museum, zu hippen Poetry-Slams oder den Talking Statues und generell auf den Spuren der Literaturnobelpreisträger W.B. Yeats, George Bernard Shaw, Samuel Beckett und Seamus Heaney sowie von Oscar Wilde und James Joyce. Warum dessen „Ulysses“ zum wohl bekanntesten Roman der irischen Geschichte avancierte, erläutert das James Joyce Cultural Centre. Das 2019 eröffnete Museum of Literature Ireland (MoLI), im wunderschön-historischen Newman House untergebracht, setzt noch eins drauf: mit meisterhaften, audiovisuellen Installationen und ebenso kostbaren wie kreativen Exponaten.
Die finden sich auch in der ehrwürdigen Bibliothek des über 425 Jahre alten Trinity College. Wobei unter den Tausenden historischen Handschriften und mehr als 4,5 Millionen Büchern einige herausragen. Allen voran das „Book of Kells“, eine rund 680 Seiten starke und mit großflächigen Abbildungen versehene Bibel-Handschrift aus dem 9. Jahrhundert. Seit einiger Zeit wird eines der größten Kunstschätze Irlands unter dem Schlagwort „Book of Kells Experience“ zusätzlich mit allerlei digitalen Tricks neu und aufregend in Szene gesetzt.
Interaktiv, modern und digital – das gilt auch für das 2016 eröffnete EPIC The Irish Emigration Museum. Wie es sich der „Großen Hungersnot“ und der damit einhergehenden Massenauswanderung Mitte des 19. Jahrhunderts widmet, ist derart packend, dass es bereits dreimal als „Europas führende Touristenattraktion“ ausgezeichnete wurde. Als episch lässt sich auch ein anderes Museum in Dublin bezeichnen, das National Museum of Ireland. Es beherbergt vier ganz unterschiedliche Abteilungen (eine über das Landleben befindet sich jedoch in der Grafschaft Mayo) von Archäologie über Naturgeschichte bis hin zu den dekorativen Künsten. Konkret wandeln Besucher durch 400 Jahre der irischen Möbelkultur und von den berühmten Moorleichen der Eisenzeit bis zu gewaltigen Tierskeletten. Einige Exponate wie die „Tara Brooch“, ein 2.700 Jahre alter Bronzeschild oder das 900 Jahre alt „Cross of Cong“ sind echte Schätze. Das Beste: Man kann sie zum Nulltarif ansehen!
Ebenfalls kostenlos, aber auf gar keinen Fall umsonst sind die Besuche des Irish Museum of Modern Art, seit 1991 eine exzellente Adresse für zeitgenössische Kunst, sowie der ehrwürdigen National Gallery of Ireland. Dort finden sich wahre Meisterwerke, angefangen von Jack Butler Yeats (sehr sehenswert: sein expressionistisches „The Liffey swim“) über Pablo Picasso und Claude Monet bis hin zu moderner Kunst von Mainie Jellett, die den Kubismus nach Irland brachte. Das Highlight der Galerie, womöglich ganz Irlands, dürfte das lange verschollene Caravaggio-Gemälde „The Taking of Christ“ darstellen. Das im Barockstil gefertigte Meisterwerk hing lange Zeit und unerkannt im Speisesaal eines Priesterseminars, bis der wahre Wert erkannt wurde. Schon länger einen Goldstatus besitz Frederic William Burtons neomittelalterliches Gemälde „Meeting on the Turret Stairs“ von 1864. Aber Achtung: Das Aquarell ist so zerbrechlich, dass es nur donnerstags (11.30–12.30 Uhr) und sonntags (14–15 Uhr) für eine Stunde in Raum 20 ausgestellt wird. Für alle anderen Gemälde hat man mehr Zeit. Selbst montags hat die Gallery geöffnet und donnerstags gar bis halb neun Uhr abends.
Eine Nummer kleiner als die National Gallery of Ireland, aber immer noch ein Top-Highlight ist die Hugh Lane Gallery – mit der führenden öffentlichen Sammlung zeitgenössischer Kunst. Sehenswert ist das akribisch rekonstruierte Atelier des Künstlers Francis Bacon, in dem er 7.500 Werke – Gemälde, Fotografien, Hosen, Flaschen, Bücher und Zeichnungen – vereint hat. In einer anschließenden Galerie sind Werke des irischen Künstlers Sean Scully zu sehen, ebenso Glasmalereien des renommierten Künstlers Harry Clarke sowie Werke von Manet, Renoir, Monet, Degas und Pissarro. Ein echter Hingucker ist das von Louis le Brocquy gefertigte Gemälde „Child in a Yard“. Es gehört zu den sehenswertesten Gemälden in Irland.
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