Im Fokus: Romanfigur Molly Bloom
2024 folgt mit dem sogenannten 3. Akt das fulminante Finale. Neben Veranstaltungen in Lissabon und London entsteht mit dem YES-Festival gleich eine ganz neue Großveranstaltung – natürlich in Joyces Heimat Irland. Konkret findet es vom 13. bis 16. Juni im nordirischen Derry~Londonderry sowie in der benachbarten irischen Grafschaft Donegal statt. Diesmal spielt Leopolds Ehefrau Molly Bloom die Hauptrolle. Von ihrem Schlussmonolog, als „Molly Bloom’s Soliloquy“ bekannt, ist auch der Name inspiriert. Schließlich beginnt und endet ihr außergewöhnliches Selbstgespräch mit dem Wort „Yes“.
Ein bekennendes „Ja!“ gilt beim YES-Festival aber nicht nur einer der beliebtesten Musen der Weltliteratur, sondern generell der weiblichen Kreativität. Das von „Arts over Borders Ireland“ produzierte und kuratierte Event bezeichnet sich als Irlands erstes Festival aller Künstlerinnen. Das unterstreicht schon das Motto „Die Zukunft: Eine weibliche Vision“ und erst recht, dass alle Kunstschaffenden weiblich sind. Konkret reisen mehr als 30 Künstlerinnen aus ganz Europa an, um ihre Visionen vorzustellen. Die sind so vielfältig wie ihre Herkunft. Das Programm umfasst Theater, Tanz, bildende Kunst, Installationen, Film, Schreiben, Fotografie, Textilien, Zirkus, Musik, Rap und Gesang.
In Übergröße: Statements aus aller Welt
Bedeutet ein Festival von Frauen, dass es nur etwas für Frauen ist? Mitnichten. Vielmehr geht es darum, das Publikum anzuregen, über die Rolle der Frauen in Joyces Leben und Werk und darüber hinaus in der heutigen Gesellschaft nachzudenken. Das geht besonders gut beim Molly~Bed, einem der Festivalhighlights. Dabei handelt es sich um eine interaktive Groß-Installation auf dem berühmten Guildhall Square (Rathausplatz) in Derry~Londonderry. Über einen Bildschirm als Kopfteil werden Botschaften von Frauen aus aller Welt übermittelt, darunter Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Weitere Höhepunkte sind „The Return of Ulysses Trail”, eine Ausstellung, zu der alle 18 Städte aus ihren Ulysses-Projekten beitragen, sowie die Weltpremiere von „The Molly Films“. Die acht Kurzfilme, in denen jeweils ein anderer Schauspieler einen der acht ununterbrochenen langen Sätze vorträgt, werden am 15. und 16. Juni an zwei Orten gezeigt: Letterkenny, Donegals größter Stadt, und Derry~Londonderry.
Am 16. Juni endet das YES-Festival – mit einer 18-stündigen Kulturreise durch die beiden Veranstaltungsorte, die Leopold Blooms Reise durch Dublin und die von „ULYSSES European Odyssey 2022-2024“ quer durch Europa neu interpretiert. Daher wird der Bloomsday auch in Molly-Bloomsday umbenannt. Besucher dürfen ein Programmfeuerwerk erwarten: eine Parade mit Kostümen und Charakteren aus dem Buch, eine von Fabrikmädchen inspirierte Tanzveranstaltung, den Auftritt etlicher Blaskapellen auf den jahrhundertealten Stadtmauern von Derry~Londonderry und das Projekt „Sirenscircus“, das Publikum, Musiker und Nichtmusiker zusammenbringt, um ein kraftvolles, freudiges Klangerlebnis zu schaffen.
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