Frankfurt am Main, 6. April 2021 – Passend zum Frühlingsanfang wurde der neuste und demnächst längste Greenway in Irland in einem ersten großen Teilstück eröffnet. Der „Royal Canal Greenway“ ist 130 km lang. Der alte Treidelpfad, über den früher Zugtiere die Schleppkähne gezogen haben, verbindet derzeit Maynooth im Osten der Republik mit dem River Shannon bei Cloondara, weiter westwärts im County Longford, im Herzen der grünen Insel gelegen. Die Verbindung von Maynooth an die Ostküste nach Dublin wird in einem späteren Bauabschnitt fertiggestellt. Darüber hinaus ist die Ost-West-Verbindung von Dublin bis hinaus nach Galway geplant, sie ist Teil des verlängerten pan-europäischen Fern-Wander- und Radwegs „EuroVelo 2 Capitals Route“. Er führt zukünftig von Galway nach Moskau, falls einem die 5.000 km nicht zuviel sind, quasi von der Whiskey- zur Wodka-Probe.
Eingebettet in die wechselvolle Geschichte Irlands und gesäumt von üppigem Grün zu beiden Seiten, beherbergt der für lange Zeit vergessene Royal Canal nicht nur letzte Refugien eines verbliebenen Wildtierlebens. Eindrucksvolle Stationen an seinen Ufern erinnern auch an die Industriegeschichte Irlands. Mit etwas Fantasie lässt sich auf den alten Treidelpfaden das Hufgeklapper der Zugpferde, die die schweren Lastenkähne zogen, förmlich hören. Greifbarer noch liegen entlang des Greenways historische Meisterstücke der frühen Ingenieurtechnik: Kanalbrücken und Aquädukte. Dazwischen unberührte Natur oder die so wechselvolle Kulturlandschaft der irischen Heartlands.
Die vielen stillen Etappen abseits der lauten Moderne sind bezaubernd und geschichtsträchtig zugleich. Lokale Geschichten erwachen allerorten. Nahe Strokestown etwa schweift der Blick in die Vergangenheit über den stummen Zug der ausgemergelten Frauen, Männer und Kinder, die während der Famine – der großen Hungersnot Mitte des 19. Jahrhunderts – den Ort verlassen mussten. 1.470 Menschen zogen die 140 km zu Fuß nach Dublin. Wie Millionen andere nahmen sie dort das Schiff in die Emigration.
Kleine zeitvergessene Dörfer säumen den Weg, aber auch urbane Mittelzentren wie Maynooth, Longford und Mullingar, Westmeath, oder Enfield. Hier kann man Räder ausleihen und nach ausgedehnten Rundtouren einkehren und lokal übernachten. Laufen oder Radfahren sind die Fortbewegungsmittel der Wahl, für Hausboote ist der nur vier Meter breite Kanal zu eng. Die fast vergessene Bahnlinie, die den Kanal seinerzeit so rasch aus dem Warentransportgeschäft warf, gewinnt im Nachhinein und unversehens eine gewandelte Bedeutung: Der öffentliche Bahn-Transport am Greenway bringt Ausflügler an jede Station und wieder zurück. Auch er fügt sich damit in ein Konzept des nachhaltigen Ferienvergnügens. Dabei bietet das Naturerlebnis am „Royal Canal Greenway“ eine Erkundung der Vergangenheit mit allen Annehmlichkeiten der Gegenwart.
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"You'll be travelling into the west and I'm telling you now, Sir, that's a wild country you'll be seeing, and you can be travelling the whole day and only the birds and the wild things for company"
Patrick Caffey, 1946 einer der letzten Frachtschiffer auf dem Grand Canal.