Frankfurt am Main, 2. Februar 2024 – Es sind die Frauen, die das lebensbejahende, freundliche Selbstverständnis der Irinnen und Iren in die moderne Welt getragen haben. Es sind Schauspielerinnen wie Saoirse Ronan, Sängerinnen wie Eithne Pádraigín Ní Bhraonáin, die als Enya zum Weltstar wurde. Oder Musikerinnen wie die legendäre Geigerin Máirín Fahy, die die Herzen der Menschen erobert haben. Es ist die allüberwiegend weibliche Theatertruppe des Siamsa Tíre in Tralee. Oder Dubliner Tanzensembles wie Riverdance um Old Star Jean Butler, die das irische Lebensgefühl zu einem Welterfolg gemacht haben. Sie haben der internationalen Fangemeinde – und selbst den sonst so reservierten Asiaten – die irische Lebenslust im Staccato wilder Choreografien eingehämmert und sie zu Standing Ovations von den Stühlen gerissen. Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März stellen wir bedeutende irische Freiheitskämpferinnen vor, die nicht nur auf der grünen Insel einen großen Einfluss ausgeübt haben.
Unter den weltweit renommierten politischen Führungspersönlichkeiten der Gegenwart ragt in Irland eine Frau besonders hervor: Mary Robinson (*21. Mai 1944 in Ballina, Irland). Sie studierte Jura, war mit 26 Jahren Professorin am Trinity College und wurde 1998 Chancellor der University of Dublin. Sie blieb es bis 2019, bekleidete daneben zahlreiche öffentliche und diplomatische Ämter und nahm hochkarätige internationale politische Funktionen ein. Von 1990 bis 1997 war die Sozialdemokratin als erste Frau Staatspräsidentin der Republik Irland. 2002 wurde sie UN-Hochkommissarin für Menschenrechte.
Das Motto des diesjährigen UN Weltfrauentages lautet „Frauen in Führungspositionen: Für eine ebenbürtige Zukunft in einer COVID-19-Welt“. Es wirkt aktuell und akademisch zugleich. Mary Robinson hat in all ihren Führungsrollen für die Gleichberechtigung der Geschlechter gestanden. Untrennbar mit ihrem Amt verbunden – ja grundlegend für ihre gesamte Arbeit – war für sie das Eintreten für Frauenrechtsfragen. Früh kritisierte sie den kausalen Zusammenhang von unregulierter Globalisierung und menschengemachtem Klimawandel. Denn er verschärft Ungleichheit, Armut, Landflucht und soziale Konflikte. Deren Leidtragende sind zuallererst Frauen und Kinder. Und von Migration aus Armut wissen Irinnen aus eigener tragischer Familien-Gechichte genug zu erzählen. 2010 gründete die Menschenrechtsanwältin die „Mary Robinson Foundation für Klimagerechtigkeit“. Sie engagierte sich für das „Council of Women World Leaders“. Von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon 2014 zur Sondergesandten für Klimawandel ernannt, bereitete Mary Robinson die UN-Klimakonferenz von Paris 2015 vor. Deren zunächst hoffnungsvoll stimmende Ergebnisse harren – wie die Frauenrechtsfragen – bis heute der konsequenten Umsetzung.
Mary Robinson erfuhr täglich, dass der Kampf für Frauenrechte ein Kampf für elementare Freiheits- und Menschenrechte ist, und dass der Kampf um Freiheits- und Menschenrechte der Kampf für elementare Frauenrechte ist. Nicht umsonst heißt der Frauentag auch Frauenkampftag. Das klingt martialisch. Doch Frauen haben bis heute um Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit, für elementare Freiheitsrechte und Wahlrecht, für gleiche Bezahlung und politische Unabhängigkeit fechten müssen.
In Irland wird dieser Kampf bewahrt und verbrämt in alten Geschichten wie der von Gráinne Ní Mháille. Die kurz geschorene irische Piratenkönigin Grace O’Malley (*1530, † 1603) bot ihrer Rivalin, der englischen Königin Elisabeth I, Paroli. Sie weigerte sich sogar noch als Gefangene in London, der „königlichen Kollegin“ untertänigste Referenz zu erweisen. Sie wurde dennoch oder deswegen von ihr freigelassen. Wahrscheinlich verband die gewieften Damen gegenseitige Wertschätzung und eine beiderseitige Vorliebe für die alternativlosen Chancen der Freibeuterei.
Mars und Merkur sind männliche Götterbilder und es ist selten, dass Frauen zu männlichen Waffen greifen, besonders in Irland. Mann muss sie wirklich zornig machen. Countess Constance Markievicz (* 4. Februar 1868, † 15. Juli 1927 in Dublin) war angesichts der herrschenden Verhältnisse zu Beginn des 19. Jahrhunderts da nicht sehr zimperlich. Die anglo-irische Nationalistin trat als Adlige auf die Seite streikender Arbeiter und organisierte Suppenküchen für die Arbeitslosen. Während des Osteraufstands im April 1916 war sie Leutnant einer Rebelleneinheit der Irish Citizen Army, die in Dublin nach tagelangem Gefecht vor der britischen Armee kapitulieren musste. Sie entging der Vollstreckung ihres Todesurteils haarscharf. Aus der gewandelten lebenslangen Zwangsarbeit wurde sie 1917 entlassen. 1918 wurde sie ins britische Unterhaus gewählt, nahm wie viele andere ihr Mandat jedoch nicht an, um nicht auf die englische Krone zu schwören. Darin war sie mit Grace O’Malley einig. Doch 1927 kam sie ins irische Parlament. Sie wurde die erste weibliche Ministerin – und für 50 Jahre danach die Einzige, wenngleich der irische Freistaat bereits das aktive und passive Wahlrecht für Frauen eingeführt hatte.
In Nordirland bestand gleiches Wahlrecht wie im übrigen Großbritannien erst seit dem 2. Juli 1928. Seit 1918 indessen besaßen irische Frauen über 30 Wahlrecht, Männer jedoch bereits ab 21 Jahren. Nach dem Irischen Unabhängigkeitskrieg erhielten 1922 auch Frauen zwischen 21 und 30 Jahren – in Würdigung ihrer Verdienste im Krieg – das aktive und passive Wahlrecht auf derselben Rechtsgrundlage wie Männer. Seitdem konnten beide Geschlechter nach denselben Kriterien wählen.
Ein Verdienst, das nicht zuletzt „Hanna" Sheehy Skeffington (*24 May 1877, † 20 April 1946) mit zu verdanken war. Die Suffragette und irische Nationalistin hatte zusammen mit ihrem Ehemann Francis Sheehy-Skeffington, mit Margaret Cousins und James Cousins 1908 die „Irish Women's Franchise League“ gegründet: Ihr Ziel war die Durchsetzung des Frauenwahlrechts. Später war sie Gründungsmitglied der Gewerkschaft „Irish Women Workers' Union“. Bis heute besteht ein skandalöses Gender Pay Gap.
Es ist ernüchternd genug: Frauenrechte werden nicht gewährt, schon gar nicht von Männern. Sie mussten und müssen erstritten werden: von Frauen für Frauen und für sich selbst. Heute wie damals, überall auf der Welt und in der dramatischen Geschichte Irlands genau so wie woanders.
Die in England geborene irische Revolutionärin und Feministin, Edith Maud Gonne MacBride (* 21. Dezember 1866, † 27. April 1953) unterstützte ebenfalls den irischen Freiheitskampf und setzte sich für die Freilassung politischer Gefangener ein. Sie, die 1918 selbst in Dublin verhaftet und in England für sechs Monate inhaftiert worden war. Mit William Butler Yeats, Irlands großem Dichter, dessen Liebe sie nicht erwiderte, agitierte und agierte sie sehr erfolgreich. Sie trat als Schauspielerin am Abbey Theatre in Dublin auf, dem irischen Nationaltheater. Schon Ostern 1900 hatte sie „Inghinidhe na hÉireann“ gegründete, eine Gesellschaft von Frauen, die die irische Unabhängigkeit forderten: „die Töchter Irlands“. Während des irischen Unabhängigkeitskriegs engagierte sie sich auf der Seite der Republikaner beim Weißen Kreuz und für die Opfer von Gewalt. Ihr Sohn Seán MacBride erhielt 1974 als irischer Politiker den Friedensnobelpreis für seinen langjährigen Einsatz in Menschenrechtsfragen und für die Gründung von amnesty international.
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