Schau hinter den Horizont!
Wo auch immer wir sind, wir haben einen gemeinsamen Himmel.
Frankfurt am Main, 9. November 2021 – Der Mayo International Dark Sky Park
ist der erste und einzige seinesgleichen in Irland; er ist fast deckungsgleich mit dem Wild Nephin Ballycroy National Park. Das Gebiet umfasst die Gemeinden Mulranny, Ballycroy und Newport zwischen den Bergen und Mooren der westlichsten Grafschaft in der Provinz Connacht, weit draußen am Wild Atlantic Way. Im Mai dieses Jahres feierte der Park sein fünfjähriges Bestehen nach seiner internationalen Anerkennung in 2016. Seitdem hat er sogar eine ausgewiesene „Dark Sky Develop Managerin“: Georgia MacMillan. Heinz Bück traf sie für Tourism Ireland im Visitor Centre des Nationalparks und sprach mit ihr über die Schönheit der Finsternis.
Georgia MacMillan, die Berufsbezeichnung klingt überirdisch, was macht eine Dark Sky Managerin? ...das Sternenlicht dimmen? …die Milchstraße regeln? ...das Universum steuern?
Ich habe eine Schalttafel auf meinem Computer dahinten im Büro. Damit kann ich aber nur Animationen des Nachthimmels bewegen. Und unseren kleinen Kosmos der „Friends of Mayos Dark Sky“. Ich wünsch mir noch eine Funktion, um die Wolken beiseite zu schieben. Ansonsten sind es Projektarbeiten und vor allem die Kontakte zu den Gemeinden und die Kommunikation nach außen, die mich hier auf Trab halten.
Die Kommunikation ist offenbar alles entscheidend und sehr überzeugend. In 2019 haben Sie für Ihr Engagement gegen die Lichtverschmutzung den „Dark Sky Defender Award“ der International Dark Sky Association (IDA) erhalten. Die Gemeinden hier tragen das Dark Sky Projekt zwar, dennoch ist grenzenlose Lichtemission ein hartnäckiges Übel der modernen Welt. Da scheint viel Überzeugungsarbeit gefragt...
Absolut. Die ländliche Region ist nachts wirklich stockfinster. Und immer mehr Häuser werden neuerdings mit lichtstarken Außenlampen beleuchtet. Oft die ganze Nacht hindurch. Was unnötig ist. Aber man kann nicht zu den Leuten gehen und sagen, dass das Quatsch ist. In den 70er-Jahren hat Mayo überhaupt erst Stromanschluss bekommen. Das war nicht allein elektrisches Licht. Das war der Anschluss an die Moderne, an die Technik des 20. Jahrhunderts. Also müssen wir ein Bewusstsein schaffen, Licht sorgsam einzusetzten, zu bündeln statt zu streuen und auf den Boden zu richten. Wir müssen warmes Licht benutzen und blaues Licht bannen, welches sehr schädlich ist – für Mensch und Tier. Zugleich müssen wir den besonderen Wert unseres Nachthimmels betonen, die Schönheit und die gesunde Natürlichkeit unserer Region wertschätzen, auf die wir stolz sind und die uns gegenüber den Städten und den Metropolen auszeichnen: Es ist das Wohltuen der Nacht, die Schönheit der Finsternis, weswegen uns die Touristen beneiden und uns besuchen. Und das wiederum überzeugt dann auch Entscheider und Politiker.
Gute allseitige Information kann das leisten und ist ein anderer Aspekt deiner Kommunikationsarbeit. Ich hatte Ende Oktober 2020 das Mayo Dark Sky Festival im Web verfolgt und hatte mir lange vor unserer Verabredung schon im April 2021 die Online-Vorträge der International Dark Sky Week angesehen. Während der Pandemie war das ein tolles Format. Die Themen waren so vielseitig, die Referenten erstklassig. Allein die Fotos vom Nachthimmel waren überwältigend. Da will man sofort raus zu euch und unter die Milchstraße. Wie ist der Nationalpark dieses Jahr aus der Pandemie herausgekommen?
Wir konnten Corona bedingt dieses Jahr erst spät öffnen: das Visitor Centre in Ballycroy am 2. Juni und dann unser Café einen Monat später am 5. Juli. Vorsichtig und nach den geltenden Covid-Regularien hatten wir erste Besucher wieder zu Gast, überwiegend draußen. Doch für den Dark Sky Park war das genau die falsche Jahreszeit. Jetzt im Oktober, wo die Nächte wieder dunkel sind und länger werden, beginnt die Saison für Exkursionen unter dem Nachthimmel. Das Visitor Centre schließt saisonal am 31. Oktober. Zugleich bleiben die Corona-Regularien weiterhin und länger als gedacht bestehen – voraussichtlich bis in den März, so dass wir – wenn überhaupt – nur auf Anfrage und in sehr kleinen Gruppen Nachttouren anbieten können.
Der Schutz des Nachthimmels, so habe ich es aus all den vielen Beiträgen verstanden, ist ein sehr weites Feld. Es geht nicht ums Universum, sondern um Mutter Erde – es geht um die Menschen...
Ja, es ist ein komplexes, holistisches Feld. Es geht um Umweltschutz und um das Wohlsein der Menschen. Wir brauchen Dunkelheit: allein für einen gesunden Schlaf, für eine gesunde Psyche. Viele Krankheiten können inzwischen mit Lichtverschmutzung in Zusammenhang gebracht werden. Zugleich hat künstliches Licht Artensterben und die Verdrängung der nachtaktiven Spezies zur Folge. Fledermäuse etwa, Insekten und besondere Vogelarten werden vertrieben und teilweise ausgerottet. Aber auch Füchse und Eulen sind betroffen. Es geht also um Natur-, Umwelt- und Artenschutz, um Biodiversität. Es geht ein wenig auch um Astronomie, Astrofotografie und die Archäologie der Sternenkunde. Es geht um lunazentrische Kulturen: Viele unserer megalithischen Stätten in Irland sind nach dem Lauf der Sonne ausgerichtet, während prähistorische Kalender und demnach viele Bräuche und Riten am Lauf des Mondes orientiert sind. Es geht um unser Dasein. Wer die Sterne nicht mehr sieht, hat den Zugang zum Universum verloren.
Nach der vorsichtigen und zögerlichen Öffnung dieses Jahr freuen sich alle auf ein normalisiertes 2022. Was bringt die Zukunft unter Mayos Sternenhimmel?
Nun, da ist die Hoffnung auf eine sichere Öffnung und auf ein sich normaliserendes Programm hier im Park, das wir unter anderem für Schulen und Gruppen anbieten. Da ist das verschobene Dark Sky Festival, das vom 4. bis 6. November 2022 ganz groß an vielen Veranstaltungsorten in der Region stattfinden wird – mit den international führenden Experten aus Wissenschaft, Technik und Kultur, begleitet von Musik und Storytelling. Und da ist mittelfristig ein aufregendes Projekt, das den Freunden des Nachthimmels und dem Tourismus hier einen ganz besonderen Auftrieb geben wird: Mayo soll ein Observatorium und ein Planetarium bekommen. Im November trifft sich eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Councils und der Regierung, um über die Standorte zu diskutieren. Es wird spannend unter Mayos Dark Sky.
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Interviewanfragen mit Geogia MacMillan werden gerne über Tourism Ireland weitergegeben und arrangiert.